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Web 2.0 und das Prinzip AAL (Andere Arbeiten Lassen)

Wenn man in diesem Jahr von Web 2.0 Ideen hörte, oder sich einen Business-Plan ansah, so wurde offen oder hinter vorgehaltener Hand AAL als wesentliche Basis zum Erfolg genannt.

AAL ist schnell erklärt. ANDERE ARBEITEN LASSEN. Doch was steckt dahinter?


Die Wurzeln
Ganz früher waren es Adelige und Gutsherren, die dadurch reich wurden, in dem sie andere (Leibeigene z.B.) für sich arbeiten liessen. Später bei der industriellen Revolution waren es die kapitalistischen Industrieellen, die andere (ihre ausgebeuteten Arbeiter) für sich arbeiten liessen und damit reich wurden. Deswegen ist es heute nicht verwunderlich, dass es im Web 2.0 viele Firmen gibt, die nun wieder versuchen mittels AAL reich zu werden.

Das AAL Prinzip - Outsourcing ohne Bezahlung
Das heutige AAL besteht auch wieder darin, andere für sich arbeiten zu lassen, und mit dem Ergebnis dieser Arbeit selber Geld zu verdienen. Es werden also Arbeiten ausgelagert, wie bei einem klassischen Outsourcing. Der Trick dabei ist jedoch, dafür nichts zu bezahlen. Damit ist nicht gemeint, dass man Rechnungen nicht bezahlt, sondern damit ist gemeint, dass man die Arbeitsergebnisse ganz ohne Berechnung und kostenlos erhält. Der "Arbeiter" erwartet für seine Arbeit keinen Lohn. Klingt nach einem schlechten Geschäft für den Arbeiter. Welcher Arbeiter oder Angestellter verzichtet freiwillig auf seinen Lohn, sein Gehalt?

Die Gelddruckmaschine als Perpetuum Mobile - User Generated Content (UGC)
Wie motiviert man also seine outgesourcten Arbeiter dazu, kostenlos für einen zu arbeiten? Man stellt ihnen eine Plattform zur Verfügung, auf der sie mit anderen in Interaktion treten können und verschiedene eigene Bedürfnisse befriedigen und verwirklichen können. Die als "Abfallprodukt" entstehenden Inhalte (Content) werden vom Unternehmen (Betreiber dieser Plattform) verwendet, um die Attraktivität des eigenen Angebotes zu erhöhen, oder einer Zweitverwertung (Marktforschung z.B.) zuzuführen.

Die Vorteile des Web 2.0. für passgenauen UGC
Durch verschiedene Basistechniken, die im Zusammenhang mit Web 2.0 immer wieder genannt werden, kann man interaktive Web-Portale und Web-Sites bauen, die in ihrem Komfort und ihrer Ergonomie "klassischen" Softwareanwendungen in nichts mehr nachstehen. Auch Laien und unerfahrene Benutzer können diese Software Webanwendungen nutzen. Gleichzeitig kann man die Webanwendungen so strukturieren, dass genau die Informationen abgefragt und eingegeben werden, die vom Unternehmen genutzt werden sollen.

Die AAL Vorreiter Amazon und Ebay
Der (ursprüngliche) Online-Buchhändler Amazon unterschied sich von anderen Online Buchhändlern dadurch, dass auf seiner Plattform die User Bücher bewerten und dazu Rezensionen schreiben konnten. Das wiederum war für andere User, potentielle andere Käufer, interessant, um ihre Kaufentscheidung vor dem Kauf überprüfen zu können. Bei der Auktionsplattform Ebay ist es so, dass Ebay selber keine Auktionen durchführt, sondern seinen Usern nur eine "Plattform",also einen Rahmen, dafür zur Verfügung stellt. Die eigentlichen Käufe und Verkäufe erfolgen direkt zwischen den Usern.

Eine hypothetische (typische) Web 2.0 Geschäftsidee
Ein Unternehmen möchte ein Branchenverzeichnis aufbauen, dabei aber alle Brancheneinträge von Testpersonen prüfen lassen. Allerdings hat man kein Geld, um all die Redakteure und all die Testkäufer und Testkunden zu bezahlen, die dafür notwendig wären, um diese Menge an Informationen (Content) zusammenzutragen, einzugeben und auf dem aktuellen Stand zu halten.

Also sucht man sich viele Dumme, die diese Arbeit für das Unternehmen kostenlos erledigen.

Man entwickelt daher eine Webanwendung (Social Networking Plattform) und baut darin verschiedene Motivationselemente ein, um den Ehrgeiz der User zu nutzen und den Wunsch nach Anerkennung zu erfüllen (Beispiele: Freundesliste, beste Bewertungen, beste erste Bewertungen, meiste Empfehlungen, etc etc....).

Natürlich bietet man die Plattform kostenlos und völlig uneigennützig an.

Damit das ganze am Anfang nicht zu mager aussieht, lässt man zum Start einige bezahlte Studenten die Inhalte eintragen und eine kleine "Community" aufbauen, und rührt dann (typischerweise auch in der Bloggerszene) die zielgruppengerechte Werbetrommel.

Wenn man Glück hat, und genug Content-produzierende Dummy findet, um die kritische Masse an interessanten Inhalten zu bekommen, zieht man durch die Attraktivität der Inhalte immer mehr neue User an und kann sich dann langsam daran machen, seine von Anfang an geplanten Verwertungsideen in die Tat umzusetzen....


Und die Moral von der Geschichte

Wer seine User ausbeutet, handelt unmoralisch!

Es gibt Anbieter von web 2.0 social networks, denen man auf den ersten oder zweiten Blick ansehen kann, dass es bei dem Angebot nicht darum geht, eine Kommunikations Plattform für die User und deren Interessen aufzubauen, durch die auch die aktiven User einen deutlichen Mehrwehrt erhalten, sondern die versuchen mit einfachen Motivations "Tricks" die User zu bewegen, möglichst viele Inhalte zu generieren ("Bewertungspunkte", "Bestenliste", "Empfehlungspunkte"). Auf Dauer werden solche Plattformen nur von recht einfachen Naturen besucht. Diese Unternehmen schwimmen mit dem Web 2.0 Hype kurzfristig nach oben, werden aber die nach dem Platzen der Web 2.0 Hype-Blase eintretenden Marktbereinigung nur schwerlich überleben.

Wer es als Anbieter jedoch schafft, sich seinen Usern gegenüber tatsächlich fair zu verhalten, und diesen einen reellen Gegenwert für die von ihnen geschaffenen Werte (Inhalte,Content) zurückgibt, wird auch langfristig überleben und kann sich über eine treue und verlässliche Community freuen, die sich nicht nur mit dem "Portal", sondern zu einem gewissen Teil auch mit dem betreibenden Unternehmen identifiziert.



Geschrieben von af in am: Freitag, 22. Dezember 2006
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