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Der Unsinn des Leistungsschutzrechtes

Heute Nacht (also in der Nacht vom 29.11. auf den 30.11., vermutlich gegen 02:00 Uhr Nachts) soll der Bundestag irgendwann unter dem TOP 19 der Tagesordnung über ein Gesetz zur Einführung des Leistungsschutzrechtes debattieren.

Beim Leistungschutzrecht geht es im wesentlichen darum, dass die finanziell notleidenden Zeitungsverleger Geld von Google dafür haben wollen, dass Auszüge von Zeitungsberichten (meist einzeilige "Snippets") in den Ergebnisseiten von Google (SERP) auftauchen und Google an der in den Suchergebnissen angezeigten Werbung verdient.

In den letzten Tagen gab es dazu Medienkampagnen von Google einerseits, welche die Freiheit des Internets verteidigen wollen, und andererseits diversen Verlagen/Zeitungen wie z.B. Welt, FAZ und Bild, welche die Freiheit des Journalismus gegen den bösen Imperialisten Google verteidigen wollen.

Vielleicht wollen Sie das ja alle auch, aber im wesentlichen dürfte es doch nur wieder ums liebe Geld gehen.

Da die Bundesregierung im (vor)Wahljahr aber anscheinend mehr Angst vor der Macht der Zeitungen hat, als vor Google, soll also das Leistungsschutzrecht doch noch kommen und heute Nacht im Bundestag behandelt werden.

Wenn man sich den Gesetzesentwurf aber mal anschaut, so merkt man wie hastig und schlecht der überhaupt gemacht ist.

Hier mal ein zwei Zitate aus dem Entwurf:

§ 87f

"(1) Der Hersteller eines Presseerzeugnis hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeungis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zu machen.(...)
(2) Ein Presseerzeugnis ist die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge im Rahmen einer unter einem Titel auf beliebigen Trägern periodisch veröffentliche Sammlung, die bei Würdigung der Gesamtumstände als überwiegend verlagstypisch anzusehen ist und die nicht überwiegend der Eigenwerbung dient. Journalistische Beiträge sind insbesondere Artikel und Abbildungen, die der Informationsvermittlung, Meinungsbildung und Unterhaltung dienen."

Das ist sehr schwammig. Ein periodisch erscheinendes Blog mit eigenem Namen kann nach obiger Beschreibung genauso ein "Presseerzeugnis" sein, wie eine Zeitung. Es ist nur sehr ungenau festgelegt, was tatsächlich ein "Presseerzeugnis" ist.

Alles was ungenau festgelegt ist und zu einer Zahlungspflicht führen kann, wird dann aber später Abmahnanwälte und Richter beschäftigen.

§ 87g

"(4) Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen oder Teilen hiervon, soweit sie nicht durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten. (...) "

Mit "gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen" ist natürlich Google gemeint. Aber nicht nur. Google ist ja nicht die einzige Suchmaschine. Es gibt unzählige größere und kleinere Suchmaschinen(betreiber) in Deutschland.

Und wer könnte mit "gewerbliche Anbieter von Diensten die Inhalte entsprechend aufbereiten" gemeint sein? Das ist ebenfalls sehr allgemein und ungenau. Damit könnten Twitter, Facebook, News-Aggregatoren und verschiedene andere Social-Networks gemeint sein. Es ist nicht augeschlossen, dass Blogs auch dazu zählen könnten. Im Endeffekt werden dann wieder die Richter entscheiden müssen, wer dazuzählt.

Und noch etwas zum Begriff "gewerbliche Anbieter": Der Begriff war in der Vergangenheit schon Thema von Gerichtsverfahren. Darunter können selbst private Inhaber von Webseiten fallen, die Werbung einblenden, oder die nur ihr Webangebot mit einer Professionalität und Regelmäßigkeit betreiben.

Wem nützt das Leistungsschutzrechtsgesetz?

Nun, ganz klar, die "großen Verlage" können mit dem Gesetz viel leichter Google verbieten, Textzitate ihrer Seiten ohne Bezahlung in den Suchergebnissen zu präsentieren. Schneiden sich aber genau dann ins eigene Fleisch, wenn Google nicht dafür zahlen will, sondern stattdessen die Verlagswebseiten aus dem Suchindex rausnimmt.

Noch eines ist klar: Falls die Presseverleger nicht im Google-Index zitiert werden möchten, könnten sie das heute schon mit einfachsten technischen Mitteln (eine sog. robots.txt Datei) umsetzen, dazu braucht es also kein Leistungsschutzrechtsgesetz.

Aber die Verleger wollen zwar im Google-Index auftauchen (und ihr Recht aus dem Leistungsschutzrechtsgesetz nicht wahrnehmen), und dann dafür von Google bezahlt werden. Doch die Bezahlung/Entschädigung der Verleger wird im Leistungsschutzrechtsgesetz gar nicht behandelt.

Wem schadet das Leistungsschutzrechtsgesetz?

Google schadet es meiner Meinung nicht. Auch den drohenden Gerichtsverfahren wegen Untersagung oder Zahlung kann Google eigentlich gelassen entgegensehen.

Aber es gibt ja nicht nur "Google" sondern auch viele andere größere und kleinere Suchmaschinenbetreiber in Deutschland, einige davon sind auch im Suma e.V. zusammengeschlossen. Und die müssen sich dann auch auf eine Klagewelle einstellen.

Man kann das aber noch mehr ausweiten: Über jedem, der "Inhalte entsprechend aufbereitet", das kann im Extremfall jeder sein, der aus einem "Presseerzeugnis" zitiert, schwebt das Damoklesschwert, abgemahnt, zur Zahlung verpflichtet oder verklagt zu werden.

Konsequenzen für die ruhr.com Suchmaschine

Wir betreiben ja auch eine kleine Suchmaschine, die ruhr.com Suchmaschine und wären als Suchmaschinenbetreiber auch direkt vom Gesetz betroffen, obwohl wir mit der Suchmaschine keinerlei Geld verdienen.

Wir haben aber keine Lust, Zeit und Geld uns auf langwierige Verhandlungen und Gerichtsverfahren mit den Verlagen (genauer: All denen, die meinen sie hätten ein "Presseerzeugnis") einzulassen und müssten daher all jene Webseiten, die auch nur den Anschein machen, dass dort "Presseerzeugnisse" enthalten sind, aus unserem Suchindex entfernen.

Im Endeffekt stärkt das Leistungschutzrechtgesetz also sogar die marktbeherrschende Stellung von Google weil es die die kleineren Alternativanbieter im Suchmaschinen- und Social Media Bereich behindert und schwächt.

Ich kann nur hoffen, dass die Bundestagsabgeordneten diesen schlechten Gesetzesentwurf heute Nacht um 2 Uhr (ca.) nicht einfach so im Halbschlaf durchwinken.


Geschrieben von af in am: Donnerstag, 29. November 2012
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Kommentare
  • Florian Mittwoch, 4. März 2015, 10:30 Uhr
    Ich finde das Leistungsschutzrecht nicht unsinnig, denn es hat auch ein paar gute Ansätze.
    Jedoch ist es für kleinere Suchmaschinen, dadurch fast unmöglich, groß oder zu einer Konkurrenz für Gooogle zu werden.

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