.. oder: Eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Ein Freund aus Österreich behauptete mal, es wäre typisch Deutsch, von Minderwertigkeits-
komplexen getrieben zu sein. Denn in Deutschland würde man sich über das definieren, was man leistet, was man hat und was die Anderen darüber sagen, aber nicht über das was man ist. Er hingegen hätte kein Problem den ganzen Tag im Kaffehaus zu sitzen und würde sich dabei kein bisschen überflüssig oder minderwertig fühlen, und es wäre ihm dabei auch völlig egal, was Andere über ihn denken würden.
Wenn man Unsicher ist und Angst davor hat sich lächerlich zu machen passiert in der Regel genau das - man tritt in irgendein peinliches Fettnäpfchen und macht sich durch sein Verhalten zum Gespött der Anderen. Die eigene Prophezeiung ("andere lachen mich aus") erfüllt sich durch die eigenen Handlungen.
Was passiert nun, wenn eine ganze Region, oder zumindest einige Politiker, Verbandsfunktionäre und Firmenlenker, solch eine Angst, solch ein kollektives Minderwertigkeitsgefühl haben?
Vor ca. 30 Jahren, so erzählte mir
Hans, war auf der Zeche Erin in Castrop-Rauxel hoher Besuch eines Politikers (Bundespräsident o.ä.) angekündigt. Nun ist eine Zeche nicht unbedingt der sauberste Ort der Welt und es ist auch nicht ungewöhnlich, dass man dort überall auf dem Zechengelände Dreck und Kohlenstaub findet. Und im Winter, wenn die Bäume und Sträucher keine Blätter haben, ist es draussen auch eher Grau als Grün.
Doch man war besorgt, wie diese graue Winterlandschaft einer Zeche wohl auf den hohen Besuch von Ausserhalb wirken würde. Schliesslich wollte man etwas gegen das schlechte Image des grau-dreckigen Kohlenpotts tun.
Also wurden zig-dutzende Bergleute vorher tagelang abgestellt das Betriebsgelände zu fegen, Gebäude und Barracken Weiss zu tünchen und, ja kein Witz,
die Bäume grün anzustreichen!
So lächerlich wie der Versuch war, so vergebens war er. Stattdessen machte man sich damit zum Gespött und erst recht lächerlich.
Genau so kommen mir die unzähligen Marketingaktionen vor, die im Ruhrgebiet in der letzten Zeit stattfinden um das Image des Ruhrgebietes bei Aussenstehenden zu verbessern. Man erkennt zwar, dass die Initiatoren etwas Gutes wollen, aber viel zu oft frage ich mich "Warum haben sie denn keinen gefragt, der sich damit auskennt?" statt mit diesen Peinlichkeiten an die Öffentlichkeit zu gehen, und damit dem Ruhrgebiet mehr zu schaden als zu nutzen.
Die aktuellste
Peinlichkeit stammt vom
Initiativkreis Ruhrgebiet, in dem sich so illustre Firmen wie Aldi, BP, EON, Evonik, Hochtief, Opel, RWE, Siemens, WAZ und viele
andere tummeln.
Man hat für das Ruhrgebiet einen neuen Slogan erfunden, der da lautet:
Ruhr hoch n - Team-Work-Capital
Die meisten lokalen Reaktionen auf diesen Slogan sind recht negativ.
Liebe Leute vom Initiativkreis, vielleicht hättet Ihr besser ein paar Bäume grün anstreichen sollen.
Geschrieben von af in am: Dienstag, 11. März 2008
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Tags: Ruhr, Ruhrn, Ruhrgebiet, Erin, Castrop-Rauxel, Initiativkreis, Marketing
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