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Blogs sind doof ? Selbstverständnis und Aussenwahrnehmung

Robert Basic schreibt in seiner kleinen Reihe "Blogs sind doof?" hier, hier und hier aus der Sicht eines Bloggers und stellt die Frage daher rhetorisch. Die Schuldfrage ist auch recht schnell geklärt, denn es sind die Nicht-Blogger die ein Problem damit haben, einfach nicht genug das "Gute am Bloggen" zu verstehen. Das ist jedoch zu sehr vereinfacht.

Daher mein Versuch einer Darstellung aus der Sicht eines Nichtbloggers:

Der erste Kontakt eines Nichtbloggers mit einem Blog
Der erste Kontakt zu einem Blog findet unfreiwillig meist über die Suchergebnisseiten von Google&Co. statt. In den Suchergebnissen taucht ein Blog mit einem vielversprechendem Text auf, doch wenn man darauf klickt, erscheint ein völlig anderer Text der mit dem gesuchten Thema überhaupt nichts zu tun hat. Verfluchter Google-Spam denken jetzt viele. Blogs sind also nicht hilfreich in der Sicht des Informations-Suchenden und werden als negativ und störend wahrgenommen. Allerdings weiss der Suchende nicht, daß sich z.B. die Startseite eines Blogs bei neuen Texten immer wieder dynamisch verändert, und Google daher immer nur eine "alte" Kopie (aktuell nur zum Zeitpunkt des Seitenabrufes durch den Google-Crawler) speichert und indiziert. Also kein Fehler des Blogs an sich, sondern eher in Googles (langsamen) Verfahren der Seitenindizierung liegend.

Der zweite Kontakt eines Nichtbloggers mit einem Blog
Nun hat man über die Suchmaschine eine interessante Seite "ergoogelt" und die Seite (ein Blog) scheint sogar die gewünschte Informationen zu enthalten. Allerdings nur unvollständig bzw. als Zitat oder Kommentar. Also klickt man (wie man es gewohnt ist) auf die betreffenden Links um zum Ursprungstext mit der Quelle der Information zu kommen. Und landet wieder nur auf anderen Seiten, die den Kommentar kommentieren bzw. das Zitat nur wieder selbst zitieren. Man versucht noch ein wenig weiter durch das "Linkgewühl" durchzukommen, doch landet man unwiederbringlich irgendwann auf einer Seite, die garantiert mit dem Thema nichts mehr zu tun hat. Auch das ist nicht hilfreich für den Informations-Suchenden, der langsam zu glauben scheint, in Blogs gibt es kaum "echte" Informationen, sondern nur Zitate von Zitaten, von Zitaten ...

Der dritte Kontakt eines Nichtbloggers mit einem Blog
Auch in Kombination mit dem ersten oder zweiten Kontakt möglich. Man "landet" auf einem privaten Blog, in dem jemand über sehr private Dinge schreibt, über die er(oder sie) zwar nicht mit seinen/ihren Eltern reden kann, über das Blog aber in alle Welt hinausposaunt. Für den unbeteiligten Dritten aber ungefähr so interessant wie der berühmte Sack Reis in China. Unweigerlich kommt in diesem Moment dem Nichtblogger der Gedanke "seltsame, unreife Leute, diese Blogger". Denn es nicht nicht jedermanns Sache, ein Tagebuch zu schreiben, und wenn doch, so ist ein Tagebuch etwas sehr persönliches und privates. Dieses Tagebuch und den "Seelenstriptease" aber öffentlich (und nicht nur Freunden) zugänglich zu machen wird meistens mit einer gehörigen Portion Naivität oder einem Hang zum Exhibitionismus bzw. zur Selbstdarstellung begründet.

Nach meiner Erfahrung titulieren die meisten Personen, die die oberen drei Erst-Kontakte mit einem Blog hatten, Blogger erstmal "mit merkwürdigen Attributen" (Zitat. Robert), finden Blogs doof und haben daher erstmal auch kein Interesse, sich weiter mit Blogs zu befassen.

Wie gehts weiter ?
Doch was macht man nun mit diesem Wissen als Blogger ? Zieht man sich in die elitäre Schmollecke zurück, und schimpft weiter auf die unfähigen und verständnislosen Nicht-Blogger, die einfach nichts kapieren ? Oder versucht man Nicht-Bloggern entgegenzukommen und jenen die einem Aussenstehenden nicht unbedingt offensichtlichen Vorteile darzulegen und eventuell so einen neuen "Verbündeten" (und Blogger) zu gewinnen, akzeptiert dann aber trotzdem ohne Abwertung, daß jemand kein Gefallen am Bloggen findet ?

Die Antwort muß jeder für sich selbst finden. Wer aber nur auf die doofen Nicht-Blogger schimpft ist nicht besser als die Nichtblogger, die über die doofen Blogger schimpfen.


Geschrieben von af in am: Dienstag, 14. November 2006
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Kommentare
  • Robert Dienstag, 14. November 2006, 11:44 Uhr
    schade, dass Du über meine Beiträge einfach so hinweggewischt bist. Sie berühren mE den Kern, warum Non-Blogger so Probleme mit Blogs haben bzw. mit so einem Unverständnis reagieren.- An die Theorie mit dem Reptiliengehirn (Mensch zu doof zum Lesen, zu doof zum klicken auf Links) glaube ich nicht.
  • Robert Dienstag, 14. November 2006, 11:47 Uhr
    einmal zu schnell return und... beitrag war schon weg.. als Ergänzung also hier: Du sprichst oben von Schuldfrage und von Schmollen... ich finde nicht, dass es darum geht oder gehen sollte. Vielmehr geht es doch darum, dass die Internetnutzer und vaD diejenigen, die selten das Web benutzen, kaum Verständnis haben für Menschen, die mittels Strom miteinander kommunizieren :)
  • Andreas Dienstag, 14. November 2006, 12:44 Uhr
    @Robert: Meine kleine Testgruppe bestand aus IMO durchschnittlich intelligenten Menschen mit Interneterfahrung, welche sich aber nicht beruflich damit beschäftigen. "Reptiliengehirn" klingt als Bezeichnung für diese Menschen ziemlich herabwürdigend.

    Ich bin auch nur auf spezielle Blog-Eigenschaften eingegangen, denn die in Deinem Beitrag genannte "kommunikation via Strom" gilt nicht nur für Blogs sondern ganz allgemein für das Konzept vom "globale Dorf".

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