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Die WAZ, die Blogger und die Einschränkung der Pressefreiheit

Die Aussage von Herrn Holthoff-Pförtner auf dem Medienforum in NRW:
"Blogger verdienen nach meiner Ansicht nicht den Schutz des Artikel 5."

hat ja einigen Wirbel verursacht, weil vermutet wurde, er wolle Bloggern damit die Meinungsfreiheit absprechen. Das konnte ich mir aber nicht vorstellen und schrieb dazu:
Das wäre ja so abstrus, das kann ich mir von einem nüchternen und vernünftigen Menschen nicht vorstellen. Aber was wollte Herr Holthoff-Pförtner dann sagen? Von Seiten der WAZ ist dazu bisher noch keine öffentliche Stellungnahme bekannt.


Nun, inzwischen gibt es dazu eine Stellungnahme der WAZ:
„Artikel 5, Satz 1 des Grundgesetzes regelt das Recht auf freie Meinungsäußerung in Wort, Schrift und Bild. Und Satz 2 regelt den Presseschutz. Gerade dieser Schutz steht den Bloggern meiner Meinung nach nicht zu, weil sie keine Organe der Presse sind“, betont Holthoff-Pförtner. Besonders die in Artikel 5 des Grundgesetzes garantierte Pressefreiheit sei aus schmerzlichen Erfahrungen der deutschen Geschichte gewachsen. „Mit dieser Freiheit muss man sorgsam umgehen“, so Holthoff-Pförtner. Der wichtige Satz 2 sei daher ein Privileg, das ausschließlich für die Medien gelte.

Autsch. Denn: Aufgrund der Erfahrungen der deutschen Geschichte wurde der Schutz der Pressefreiheit im Grundgesetz besonders verankert. Aber es war ganz bewusst festgelegt, dass im Grundgesetz nicht abschliessend definiert wird, wen man zur Presse zählt und wen nicht. Denn der Staat solle das nicht bestimmen dürfen, da dieser ansonsten eine kritische Presse leicht gleichschalten und mundtot machen könnte.

Die Väter des Grundgesetzes waren damit freiheitlicher und zukunftsorientierter, als mir obige Stellungnahmen der WAZ und von Herrn Holthoff-Pförtner erscheinen.

Nun ist es ja nicht ganz unbekannt, dass die Vertreter und Funktionäre verschiedener etablierter Medien und ihre Interessenvertreter manchmal eine gewisse "Betriebsblindheit" haben. Einige glauben, nur derjenige dürfe zur Presse zählen (und den Schutz der Pressefreiheit geniessen), der mit journalistischer Arbeit Geld verdient und davon seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Das Grundgesetz macht diese Einschränkung aber nicht. Es ist nicht wichtig, um den Schutz der Pressefreiheit in Anspruch zu nehmen, ob jemand mit dieser Tätigkeit seinen Lebensunterhalt bestreitet, oder in welcher Form publiziert wird (auf Papier, im Internet, als Verlag, als Einzelperson, im Blog, ....).

Wenn man das bedenkt, kann man besser verstehen, weshalb die WAZ obige Pressemitteilung herausgebracht hat und damit vielleicht glaubt, die Aussagen wären nun zum Harmlosen korrigiert.

Tatsächlich aber zeigt das für mich eher, dass die WAZ, die man ja als Vertreter der etablierten, klassischen Medien bezeichnen kann, noch einen weiten Weg vor sich hat, um in diesem Jahrhundert anzukommen.

Insofern hat Herr Holthoff-Pförtner in meinen Augen eher eine abwertende Aussage über die WAZ, statt über die Blogger, gemacht.

P.S. Ich fragte ja auch, was Katharina Borchert, Verantwortliche für West Eins, dazu denkt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass man ihre Stellungnahme hier nachlesen kann.


Geschrieben von af in am: Freitag, 22. Juni 2007
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Kommentare
  • Ralf Sonntag, 1. Juli 2007, 16:28 Uhr
    Du wirfst hier aber Pressefreiheit und Meinungsfreiheit in einen Topf.
    entweder ich bin ein Privatmensch und vertrete meine Meinung. Oder aber ich gehöre zur Presse/Medien und berichte.
    Das ist ein gehöriger Unterschied. Denn Meinung kann und darf subjektiv sein. Die Pressefreiheit bezieht sich hingegen auf objektive Berichterstattung.

    gerne wird von Bloggern bei solchen Äußerungen wie denen von Holthoff-Pförtner auf den rechten der Bloggern rumgeritten. Dafür werden mit keinem Wort die aus den Rechten hervorgehenden Pflichten erwähnt.
    Als Privatmensch pfeife ich auf Pressefreiheit. Denn mit der im Grundgesetz verankerten Meinungsfreiheit kann ich jede meiner Äußerungen, so lange sie sachlich und nachvollziehbar, sowie faktisch korrekt sind, gegen Angriffe verteidigen. Ich darf äußern was ich denke.
    Als Medium muss ich da schon strengere Maßstäbe ansetzen. Ich muss meine berichte mit Fakten belegen, darf keine (haltlosen) Vermutungen verbreiten und darf auch nicht parteiisch werden. Eine neutrale, sachliche, mit Fakten gesicherte und vor allem unparteiische Berichterstattung ist von der Pressefreiheit geschützt.

    Als Unternehmer sieht die Sache wieder ganz anders aus. Und ich denke die hatte Holthoff-Pförtner bei seiner Aussage im Sinn. Denn als Unternehmer bin ich weder Privatmensch noch Medium.
    Wenn nun ein Unternehmer anfängt zu bloggen, dann befindet er sich juristisch erst einmal in einer Grauzone. Weder trifft die Pressefreiheit noch das Recht auf freie Meinungsäußerung zu. Und da nicht wenige Blogger doch so einiges an Einnahmen verzeichnen, kann ich Holthoff-Pförtners Aussage durchaus zustimmen. Denn was ist denn bitte schön ein Johannes Haeusler? Ein Unternehmer? Oder ein Medium? Er beansprucht für sich zwar das Recht auf freie Meinungsäußerung, handelt aber wie ein Unternehmer.
    Viele Blogger versuchen sich aus Presse- und Meinungsfreiheit das beste raus zu picken, wollen aber die sich aus diesen rechten ergebenden Pflichten nicht übernehmen.
    Wenn sie die Pflichten (und Konsequenzen!) nicht übernehmen wollen, warum sollten sie dann den durch das Grundgesetz Artikel 5 gegebenen Schutz beanspruchen dürfen?

    Blogger werden immer mehr zu Rosinenpickern.
  • Andreas Dienstag, 3. Juli 2007, 15:02 Uhr
    Klar, viele Rechte kommen mit Pflichten, das bestreite ich doch gar nicht.

    In bestimmten Bereichen der Presselandschaft (z.B. Lokalredaktionen, Special Interest) ist es oftmals nicht weit her mit der "Objektivität der Presse". Bisher habe ich noch kein Word gelesen, dass solchen Publikationen der Status als "Presse" entzogen werden soll. Das BILD-Blog hätte vermutlich nichts worüber es schreiben könnte, wenn die Presse sich an die von Dir beschriebenen Standards wirklich halten würde.

    Apropos Unternehmer: Was ist ein Zeitungsverleger denn auch vornehmlich? Richtig: Unternehmer. Denn eine Zeitung muss sich verkaufen, sonst wird sie eingestellt. Also könnte man das/die WAZ-Blog(s) als die eines bloggenden Unternehmens ansehen. Ändert das jetzt aber etwas am "Pressestatus"?

    Ich weiss nicht, was Herr Holthoff-Pförtner gedacht oder gemeint hat, als er von "Bloggern" sprach und danach schreiben liess. Er hat nicht von einer bestimmten Sorte "Blogger" gesprochen, sondern von allen. Und das halte ich für grundfalsch von ihm verallgemeinert.

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