Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets und kann mich noch gut an meine Kindheit und Jugend erinnern, als meine Mutter regelmäßig die ziemlich schnell von der Luftverschmutzung verdreckten und ziemlich grauen Gardinen gewaschen hat, und ich in den Schulferien regelmäßig an der Nordsee zur Erholung war, um meinen von der Luftverschmutzung chronisch kranken Atemwegen ein wenig Linderung zu verschaffen.
In diese Zeit der großen Luftverschmutzung möchte ich nicht zurück. Und doch werde ich regelmäßig, abhängig von der Wetterlage, daran erinnert.
Denn einige meiner Nachbarn heizen mit Holz und bei ungünstiger Wetterlage kann man kein Fenster aufmachen, weil die durchs Fenster von Draußen hereinkommende “Frischluft” das Zimmer mit dem Geruch einer Räucherkammer erfüllt und mich zum Husten bringt.
Und dann kam mein Sohn vor ein paar Tagen nach Hause und erzählte mir, er hätte gelernt, dass von allen Heizungsarten die Heizung mit Holz die mit Abstand umweltfreundlichste sei.
Erst dachte ich ja, er hätte “CO2-Neutral” (kann schon sein) und “umweltfreundlich” (mit Sicherheit nicht) verwechselt. Das war aber nicht der Fall.
Das war dann für mich der Auslöser, hier im Blog ein paar Informationen zusammenzustellen.
Emissionen bei der Holzverbrennung:
Ich zitiere einfach mal das Umweltbundesamt:
“Da die Verbrennung von Holz, gerade bei der Verbrennung von Scheitholz in kleinen Feuerungsanlagen ohne automatische Regelung, nie vollständig abläuft, entstehen bei der Verbrennung von Holz neben CO2 auch klimaschädliches Methan, Lachgas und Ruß. Methangas trägt 21mal stärker zur Erderwärmung bei, als die gleiche Menge Kohlendioxid.“
und
“In der Praxis entstehen zum Beispiel schädliche Stickstoff- und Schwefeloxide, Kohlenmonoxid, Salzsäure und Feinstaub. Die winzig kleinen Feinstaubpartikel werden eingeatmet – das kann das Herz-Kreislauf-System belasten oder zu Bronchitis und Asthma führen. Feinstaub steht außerdem im Verdacht, Krebs auszulösen. Bei unvollständiger Verbrennung können zudem Krebs erzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK ) in Asche und Abluft entstehen.”
Nach einer Untersuchung des schweizerischen Bundesamts für Umwelt stossen selbst modernste Holzheizungen mit Filteranlagen zehn bis hundertmal mehr Feinstaub aus als Öl- und Gasheizungen und sind zu 30% für den Ausstoss der kleinsten Feinstaubpartikel, die weniger als 2,5 Mikrometer groß sind und die besonders tief in die Lunge eindringen, verantwortlich.
Das hat in der Schweiz zu der paradoxen Situation geführt, dass dort die Bundesregierung Holzheizungen fördert um den allgemeinen CO2-Ausstoß zu verringern, aber z.B. im Kanton Freiburg ein Maßnahmenplan erstellt wurde, um die Auswirkungen dieser Förderung auf die Verschlechterung der Luftqualität zu mindern. Was vereinfacht heisst: Noch mehr Holzfeuerungen sollen zumindest in Städten/Ballungsräumen verhindert werden um die Luft nicht noch mehr zu verpesten.
Das schweizerische Bundesamt für Energie beschönigt die Feinstaubproblematik zwar nicht, aber
“Die aktuelle Klimapolitik verfolgt eine rasche Reduktion der CO2-Emissionen”.
Eine schnelle Reduktion der CO2-Emissionen ist also wichtiger als saubere Luft.
Womit ich jetzt zur nächsten Frage komme:
Werden durch das Verbrennen von Holz die CO2-Emissionen schnell gesenkt?
Nach Ansicht von über 780 Wissenschaftlern, die in 2018 den
“LETTER FROM SCIENTISTS TO THE EU PARLIAMENT REGARDING FOREST BIOMASS” unterschrieben haben, ist das Heizen mit Holz genausowenig CO2-Neutral, wie das Heizen mit fossilen Brennstoffen. Oder wie es bei einem Kommentar im “New Yorker” letzten August getitelt wurde:
“Don’t Burn Trees to Fight Climate Change - Let Them Grow”
Die Idee, es sei CO2-Neutral Holz zu verbrennen, klingt erstmal schlüssig. Bäume wachsen und binden so Kohlenstoff aus der Luft und wenn wir das Holz dieser Bäume verbrennen, wird ja nicht mehr Kohlenstoff freigesetzt, als vorher gebunden wurde. Und dann wachsen wieder Bäume und binden erneut den Kohlenstoff. Es ist ein Kreislauf bei dem die CO2-Menge gleich bleibt. Plus-minus-null, also CO2-Neutral.
Das Problem dabei ist: Wenn wir
JETZT die Wälder abholzen (wie es z.B. in Nordamerika, Ukraine, Rumänien, und sicherlich auch woanders erfolgt - die Abholzraten steigen immer weiter) und verbrennen, setzten wir dabei
JETZT CO2 frei, also genau so, als würden wir z.B. Kohle verbrennen.
Die Wälder wachsen zwar eventuell wieder nach und binden dabei wieder Kohlenstoff aus der Luft, aber das erfolgt, falls überhaupt, viel
SPÄTER und erst in vielleicht
40 bis 100 Jahren ist das CO2, welches
jetzt durch die Holzverbrennung entsteht und in die Luft gepustet wurde, dann wieder aus der Atmosphäre entfernt.
Für den Zeitraum, in dem laut vielen Klimaforschern eine drastische Änderung beim CO2-Ausstoß erfolgen muss, ist Holz daher kein nachwachsender Brennstoff, sondern auch nur ein weiterer fossiler Brennstoff, der erstmal mehr CO2 in die Atmosphäre freisetzt, und damit die CO2-Situation weiter verschlechtert.
Dazu kommt: Es werden ja oft nicht sofort für gefällte Bäume neue Bäume angepflanzt und auch nicht auf jeder gerodeten Fläche kann sich überhaupt neuer Wald bilden.
Dazu kommt: Der natürliche Wald scheint ein viel größerer Kohlenstoffspeicher zu sein, als bislang vermutet. Denn auch das Verrotten von abgestorbenen Bäumen setzt zwar wieder CO2 frei, aber ca. 50% des durch die Bäume gespeicherten Kohlenstoffs wird dabei nicht wieder freigesetzt, sondern permanent (im Waldboden) gespeichert.
Wenn aber ein natürlicher Wald zu einem bewirtschaftetem Forst wird, verliert der Wald diese permanente Speicherfähigkeit und das vorher gebundene CO2 im Forst wird freigesetzt - es bleibt dann nur der CO2-Kreislauf von abholzen und nachpflanzen übrig. Es wird also beim Umwandeln eines natürlichen Waldes in einen bewirtschafteten Forst in Summe erheblich mehr CO2 permanent freigesetzt als bisher angenommen.
Wir haben hier in Europa die seltsame Entwicklung, dass wir Stromerzeugung aus der Verbrennung von Holz-Pellets auch noch fördern. Was dann dazu führt dass z.B. Kraftwerksbetreiber ihre Kohlekraftwerke auf Pellets umrüsten und dieses dann auch noch als Verbesserung der CO2-Bilanz finanziell gefördert wird.
So soll z.B. in Südfrankreich das alte Kohlekraftwerk “Provence-4“ zu einem Biomassekraftwerk umgebaut werden um dann Holz zu verbrennen und dann 20 Jahre lang Subventionen zu bekommen. In Großbritannien konnten Umweltschützer einen Erfolg gegen die geplanten Biomassekraftwerke feiern - für neue Biomassekraftwerke wurden die Auflagen verschärft und die Subventionen veringert. Bereits jetzt importiert Großbritannen für die Stromerzeugung mehr Holzpellets als jedes andere Land der Welt.
Beim Umweltbundesamt lese ich
"Wird Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft verbrannt und damit Energie erzeugt, wird bei einer vollständigen Verbrennung nur so viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) freigesetzt, wie der Baum zuvor während seiner Wachstumsphase aus der Atmosphäre aufgenommen hat."
Das klingt gut. Nur sind einfach nicht genug Flächen für "nachhaltige Waldwirtschaft" vorhanden. So müssen auch jetzt schon für den Holzheizungsbedarf der Schweiz Wälder gerodet werden, weil es in der Schweiz, Deutschland und Österreich nicht genug Holz aus "nachhaltiger Waldwirtschaft" gibt.
Mein Vater, der als Bergmann unter Tage geschuftet hat, hat mir mal in meiner Jugend gesagt
“Eigentlich ist unsere Kohle viel zu kostbar, um sie zu verbrennen”.
Eigentlich sind unsere Wälder viel zu kostbar, um sie zu verbrennen.
Geschrieben von af in am: Freitag, 14. Februar 2020
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Tags: Kohle, Holz, Energie, CO2, Klimawandel, Carbon, Wald
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