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Wer macht denn sowas?

Seit einiger Zeit läuft eine massive Werbekampagne unter dem Motto "Wer macht denn sowas?" in Fernsehen und Zeitungen. Das besondere: Es wird der Auftraggeber der Werbung nicht genannt.

Für mich war schnell klar, welcher Firmentypus dahinter stecken muss: Jemand, der das Geld anderer Leute ausgibt. Ein Konzern, vermutlich aus dem Energie/Monopol/Subventionsbereich mit viel zu viel Geld, der vermutlich demnächst an die Börse will und deswegen kurzfristig eine hohe Bekanntheit erreichen will. Koste es, was es wolle.

Jetzt lese ich im Pottblog, dass die RAG (die frühere Ruhrkohle AG) dahinterstecken soll.

RAG und die Ruhrkohle

Die RAG (mit dem früheren, in seiner Amtszeit sehr energiekonzernfreundlichen, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Dr. Werner Müller als Vorstandsvorsitzenden) entstand früher mal als Ruhrkohle AG. Mit dem bevorstehenden Auslaufen diverser Bergbau- und Kohle-Subventionen wurde sie zur RAG, und versuchte den einstigen Hauptbereich Bergbau, heute DSK AG, auszugliedern, um dessen Kosten (Folgekosten des Bergbaus) dem Steuerzahler aufzudrücken, damit nur die gewinnträchtigen Bereich Chemie (Degussa), Energie (Steag) und Immobilien im Konzern verbleiben und den Aktionären hohe Gewinne bescheren.

Heute ist die RAG ein Mischkonzern, bei dem der Name RAG im wesentlichen nur noch für die Konzernholding steht, die Hauptbereiche aber unter eigenen Namen (Steag, Degussa,DSK) handeln.

Die Planung der RAG

Die RAG bereitet seit längerem mit ihren drei profitablen Bereichen Chemie, Energie und Immobilien einen Börsengang vor. Entgegen diverser Empfehlungen, die bei separaten Börsengängen der Teilunternehmen höhere Erlöse vorhersagen, will der Konzern aber als Ganzes (mit Ausnahme der DSK) an die Börse gehen, damit er von der Politik nicht zerschlagen wird. Nach diversem hin und her, man warf dem Konzern Kumpelwirtschaft vor, findet der Börsengang der RAG vermutlich noch in 2007, und zwar unter einem neuen Namen, statt.

Cui bono - Wem nützt es?

Wem nützt der neue Name? Klar, die RAG (besser deren Top-Manager und Vorstände) versuchen sich bestimmt von der Ruhrkohle auch durch den Namen möglichst weit zu entfernen. Eine neue Identität und ein moderneres Konzern-Image soll vielleicht auch besser vor der immer noch latent drohenden Zerschlagung schützen. Da es sich bei der RAG aber im wesentlichen nur um eine Konzernhülle ohne eigenen Profitbereich handelt, und die Töchter wahrscheinlich weiter unter eigenem Namen aktiv bleiben, wird der Name dem Konzern wenig nützen - er wird nicht einen Euro mehr Umsatz bringen.

Aus betriebswirtschaftlichen Sicht des Unternehmens ist für mich eine solch massive Werbekampagne für den neuen Namen Geldverschwendung und kaum nachvollziehbar. Man muss daher den vermutlich bevorstehenden Börsengang miteinbeziehen. Denn eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit beim Börsengang treibt den Aktienkurs nach oben.

Wem nützt der Börsengang? Wenn der Konzern selber Aktion ausschüttet, was noch nicht sicher ist, wird Geld in die Konzernkassen gespült. Dringend benötigt wird es dort aber nicht, denn der Konzern hat ausreichend liquide Mittel. Aber auf jeden Fall nützt der Börsengang den den Altaktionären.

Wer sind die RAG Aktionäre? Über 60% der Anteile der RAG teilen sich E.ON (39,2%) und RWE (21,9%). Das dürften daher auch diejenigen sein, die von der aktuellen Werbekampagne der RAG am meisten profitieren.

Neben dem direkten finanziellen Vorteil als Aktionäre profitieren E.ON und RWE auch noch auf andere Weise. Denn mit einer starken und bekannten "neuen" RAG stärken beide Konzerne, besonders gegenüber der Politik, auch ihre eigenen Machtpositionen und ihren Einfluss. Und mit einer Verhinderung der Zerschlagung der RAG sind beide Konzerne auch stärker vor einer, immer mal wieder Angesprochenen, eigenen Zerschlagung wieder weiter entfernt.

Warum machen die sowas? Tja, für die Folgekampagne zu "Wer macht denn sowas?" hätte ich auch schon einen passenden Namen um noch weiter Aufzuklären. Er lautet: "Warum machen die sowas?"

Vermutlich würde diese Folgekampagne aber weder von RAG, E.ON noch RWE finanziert werden. :-)



Geschrieben von af in am: Montag, 10. September 2007
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